Concordia Nowawes

Im Interview (Folge 21): Konrad von Bülow

Konrad von Bülow ist die erste echte Neuverpflichtung unseres Erwachsenenteams. Er stand irgendwann auf dem Rasenplatz der Sandscholle und eroberte mit ganz viel Laufbereitschaft und Teamgeist schnell die Sympathien des Concordia-Anhangs. Damit wir über ihn noch mehr herausfinden, als dass er mal bei der SG Geltow gespielt haben soll, haben wir ihm unsere Interviewfragen geschickt. Nun wissen wir einiges über seinen Weg zu Concordia, über Andrea Pirlos Elfmeter bei der EM 2012, über das Spiel auf den Außenbahnen und als Mittelstürmer, über Concordias Außenseiterrolle in der Liga, über die Fairness-Tabelle, über seine Politisierung durch seine Arbeit in der Rettungsstelle und über seinen Traum vom Lebensabend mit Enten, Schafen, Tomaten und Concordia.

Concordias erste echte Neuverpflichtung

Hallo Konrad, wann und wo hast Du mit dem Fußballspielen angefangen?

Konrad von Bülow: Hallo erstma! Freut mich!! Als ersten Verein habe ich in der F-Jugend drei Saisons bei den Potsdamer Kickers gespielt. Dann folgte eine Fußball-Pause. Bis ich in der B-Jugend bei der SG Geltow eingestiegen bin. Das war damals ganz in der Nähe von meinem Zuhause bei meinen Eltern in Potsdam West. War eine schöne Zeit. Habe da bis zur 1. Herren-Mannschaft gespielt. Aus der Zeit habe ich von den Boys und vor allem von meinem sehr gerngehabten Trainer Robert viel gelernt.

Erinnerst Du Dich noch an die Idole Deiner Jugendzeit?

Konrad von Bülow: Mein Idol war früher immer Andrea Pirlo. Ich guckte das Elfmeterschießen der EM 2012. Pirlo war, glaube ich, einer der letzten Schützen. Joe Hart im Tor Englands provozierte ihn total und fuchtelte wild herum, um ihn einzuschüchtern und abzulenken. Pirlo verzog dagegen keine Mine. Wartete nur auf den Pfiff vom Referee, dass er schießen dürfte. Würdigte den herumhampelnden Jungspund-Keeper Joe Hart keines Blickes. Der Schiedsrichter pfiff, Pirlo nahm ein, zwei Schritte Anlauf und chippte den Ball mit einem leichten Streicheln seines rechten Fußes genau in die Tormitte. Joe Hart sprang natürlich - von Pirlo ausgeguckt - in die falsche Ecke und konnte, in der Luft strampelnd, nur zusehen, wie der Ball über ihm in sein Tor flog. Das ganze Stadion brüllte. Und Pirlo joggte einfach, wiederum ohne sein Gesicht zu verziehen, ohne zu jubeln und ohne Joe Hart zu beachten, zurück zu seinem Team. Diese Eleganz und auch seine Fairness auf dem Platz habe ich immer bewundert. So ein genialer Spieler, so eine Übersicht auf dem Platz, so eine Spielintelligenz. ... Als Außenverteidiger habe ich dann auch lange Zeit Achraf Hakimi bewundert.

Hast Du vor Deiner Concordia-Zeit mal gegen uns gespielt? Und wenn ja, wie war es?

Konrad von Bülow: Ja! Tatsächlich habe ich während meiner Zeit bei Geltow öfter gegen Cordi gespielt! Wir haben damals jedes Spiel gewonnen. Ich kannte aus meiner Schule und aus dem Bekanntenkreis auch welche, die bei Concordia spielten. War mir eigentlich immer sympathisch gewesen, das Projekt. Gerade als Gegenentwurf zu diesen gestörten Trainern, die kleine 7-jährige anschreien auf dem Platz. Das finde ich richtig schlimm, diesen Trainerschlag im Kinder- und Jugendfußball. Deshalb hätte ich auch mal Lust, Kinder oder Jugendliche zu trainieren und das besser zu machen. [Wir geben das gern an die Abteilung Kinder- und Jugendfußball weiter. Die Redaktion]

Du bist wohl bislang der einzige Spieler, der erst im Erwachsenenalter zu Concordia gekommen ist. Wie ist das passiert? Warum gerade Concordia?

Konrad von Bülow: Ja, das ist durch den lieben Tilli [Die Redaktion: Gemeint ist unser Torjäger Tilman Wüstling] zustande gekommen! Ich kenn den Gutesten durch Potsdamer Nächte und gemeinsame Freundesgruppen. Da tranken wir eines sonnigen Nachmittags im April im Babelsberger Park ein schönes Bierchen zusammen und spielten Hochhalten. Ich sagte: Mensch, ich hab so Bock wieder Fußball zu spielen, man! Und Tilli sagte. Echt? Ja dann komm doch heut Abend mal zum Training. Ich daraufhin: Heute Abend? Ja, hab Zeit, komme vorbei! Und so bin ich jetzt schon seit einem Jahr hier!

Bei Concordia steht in der Vereinssatzung, dass hier in festen Jahrgangsteams gespielt wird, die im Jugendbereich möglichst dauerhaft zusammenbleiben. Die meisten Spieler unserer Ersten haben also vor dem Wechsel ins Erwachsenenteam jahrelang zusammen in unseren Jugendteams gespielt. Ist es Dir schwergefallen, neu in das Team zu kommen?

Konrad von Bülow: Kein bisschen. Seit den ersten Trainings und vor allem Spielen waren alle freundlich und haben mich gut aufgenommen. Die Mannschaft und das Trainerteam aus Josef, Robert und Laura (damals auch noch Roman) ist sehr herzlich und macht einem den Einstieg sehr leicht.

Eigentlich auf dem Flügel zuhause aber auch zentral zu finden

Wo siehst Du selbst Deine Stärken und wo willst Du Dich noch verbessern?

Konrad von Bülow: Ich sehe meine Stärken im Läuferischen (ich laufe und renne gerne lang und viel) und in der Beackerung der Flügel. Ich mag Pressingspiel und setz den Gegner in seinem Aufbauspiel unter Druck. Ich verteidige gerne. Ich will mich unbedingt noch in der Orientierung auf dem Platz verbessern, ein Gefühl für die Räume kriegen: Wann muss ich die zulaufen? Wann kann ich den Gegner spielen lassen? Wie hoch bzw. tief muss ich gerade stehen? Welche Laufwege muss ich machen, um den anderen Angreifern Räume zu öffnen? Die Spieler, die das beherrschen, das sind für mich die Größten.

Auf welcher Position spielst Du am liebsten und auf welcher am besten?

Konrad von Bülow: Ich würd' sagen, ich spiele am liebsten (und auch besten) auf eben jenen beiden Flügeln/Außenbahnen. Egal ob in den Spitzen oder als Außenverteidiger in einer Viererkette. Es ist eine sehr vielfältige Position: Du kannst als reiner Abwehrspieler bei gegnerischem Ballbesitz verteidigen, oder aber, vor allem bei Kontersituationen oder Ballgewinn, bis nach ganz vorne mitarbeiten und Vorlagen geben oder selbst abschließen. Außerdem kann man, wenn man es gut macht, den Gegner richtig mürbe spielen, sodass die gegnerischen Verteidiger müde werden, wenn du sie immer wieder anläufst. Alasan zum Beispiel spielt diese Position in meinen Augen sehr gut aus. Ich habe das auch in den letzten Spielen gemerkt, wo ich als Mittelstürmer aufgestellt war: Es ist ein ganz anderes Spiel, man muss viel mehr auf den richtigen Moment warten, hat weniger Ballkontakte, muss geduldiger sein und sich vorne ein bisschen in die gegnerische Abwehr reinfallen lassen. Auf den Flügeln hingegen hat man häufiger Ballaktionen, spielt öfter Doppelpässe mit dem zentralen Mittelfeld und den Innenverteidigern. Wenn man einen torgefährlichen Spieler dazu in der Spitze hat, dann kann es richtig Spaß machen.

In der neuen Saison sind mehrere Spieler des Jahrgangs 2003 aus den A-Junioren in Euer Team aufgerückt. Einige haben schon eine tragende Rolle in der Ersten. Wie siehst Du die Entwicklung des Teams? Was ist in dieser Saison noch drin?

Konrad von Bülow: Also da bin ich entzückt! Die Jungs sind top, weiß garnicht, wo wir ohne die wären! Wenn wir weiterhin gut und intensiv trainieren, hart arbeiten , aber auf dem Platz nicht panisch werden, dann könnten wir einen der ersten Plätze belegen.

Präzise Ecken sind ein Markenzeichen von Konrad

Vor Dir haben schon einige Spieler des Erwachsenenteams unsere Interviewfragen beantwortet. Auf die Frage nach Perspektiven und Problemen unserer Ersten wurden immer wieder unnötige Diskussionen über Schiedsrichterentscheidungen genannt. Du selbst bist offenbar nicht so schnell aus der Reserve zu locken. Nervt es Dich manchmal, dass sich Mitspieler wegen Kleinigkeiten aus dem Konzept bringen lassen? Redet ihr im Team darüber?

Konrad von Bülow: Wir reden im Team vor jedem Spiel darüber und sind uns eigentlich alle einig, dass wir uns nicht auf dieses Niveau herablassen wollen. Aber es entstehen dann doch immer so Dynamiken. Das müssen wir in den Griff kriegen. Gerade stehen wir auf der Fairness-Tabelle auf letztem Platz mit 28 gelben Karten. Die Schiedsrichter tun mir ein bisschen leid, so hart wie sie teilweise von allen angegangen werden. Das sind ja auch nur Menschen - Sportler, die wie wir auf dem Platz viele Fehler machen. Ich würd mich freuen, wenn wir fair und ohne Unsportlichkeiten top Fußballspiele abliefern könnten.

Aber wir haben nunmal auch eine Außenseiterrolle in der Liga: Als superjunges, diverses Team eines Vereins mit linken Werten spielen wir in einer hauptsächlich weißen, sehr männlichen Männer-Liga, noch dazu in einem sehr Männer-dominierten Sport. Und oft provozieren die gegnerischen Teams auch gerade deshalb. Die Stimmung auf dem Platz ist manchmal echt zu testosterongeladen. Aber ich bin mir sicher, dass wir das noch hinkriegen und zurück zu unseren Werten finden. Alle von uns haben ihr Herz am rechten Fleck.

Deswegen: jetzt kommt der Sommer und damit auch ein bisschen mehr Lebensfreude und gute Laune. Das kriegen wir schon alles hin. Wenn wir nicht aufsteigen und dafür aber fair und sportlich korrekt Dritter oder Vierter geworden sind, dann ist das auch O.K., find ich. Ich will nicht um jeden Preis Meister werden.

Der "Außenseiter der Liga" führt...

Welches Spiel oder welches Erlebnis mit Concordia wirst Du wahrscheinlich nie vergessen?

Konrad von Bülow: Ich denke mein erstes Pflichtspiel letztes Jahr gegen Teltow United. Als wir das Spiel in letzter Minute noch gedreht haben. Letzte Woche gegen USV II war aber auch echt krass...

Wie wichtig ist Dir die Unterstützung unserer Fans? Spielst Du vor einer guten Kulisse besser? Wie wünschst Du Dir den Support bei Concordia?

Konrad von Bülow: Die Fans zu haben ist toll. Vor allem Heimspiele sind mega, tolle Stimmung. Ich freu mich schon auf den Sommer. Ich glaub, ich spiele immer ein bisschen schlechter, wenn meine Brüder und mein Vater zuschauen, hahahaha. Freue mich aber trotzdem immer wenn sie dabei sind.

Wie sollte unser Verein in 20 Jahren aussehen?

Konrad von Bülow: Ich bin ja sehr neu dabei und stecke nicht wirklich tief in den Prozessen drin. Aber wenn ich insgesamt auf die Potsdamer Fußballlandschaft gucke, dann sticht C06 in meinen Augen positiv hervor. Fußball mit echter Haltung! Werde ich immer unterstützen. Dass hier viele Menschen ein Zuhause finden und gemeinsam das Spiel und Spielen leben ist jetzt schon sehr gut gelungen. Wenn es in 20 Jahren so oder so ähnlich geblieben ist, dann hat Concordia alles richtig gemacht.

Was machst Du, wenn Du nicht auf dem Fußballplatz stehst?

Konrad von Bülow: Dann zerbreche ich mir den Kopf, wie wir uns taktisch bessern können ... Ich arbeite in der Rettungsstelle des St. Josef-Krankenhauses als Pflegehelfer, organisiere Techno- und Housepartys im Spartacus mit und bin in der FAU (Freie Arbeiter* innen Union, die anarcho-syndikalistische Basisgewerkschaft). Aber mit am liebsten geh ich eigentlich mit meinem Freund Rudi im Wildpark spazieren. Er ist ein Hund und einer meiner engsten Freunde. Seit ich im Schlaatz und nicht mehr bei meinen Eltern wohne, verabreden wir uns so einmal die Woche und streifen durch die Wälder.

Welche Pläne hast Du für die nächsten Jahre persönlich und beruflich? Wo willst Du leben? Was brauchst Du, um glücklich zu sein?

Konrad von Bülow: So ganz konkrete Pläne habe ich nicht, Ich nehme es ein bisschen so, wie es gerade kommt. Manchmal zieht es mich weg aus Potsdam in die Welt hinein. Mal sehen, wann ich dem Ziehen wieder nachgeben werde.

Ich bin durch meine Arbeit im Krankenhaus und Gesundheitssystem sehr politisch geworden. Wie wir dort arbeiten und leben müssen, ist sehr schlimm mitzuerleben. Deshalb bin ich auch der FAU beigetreten. Ich will Teil im Kampf für eine gerechtere, gleichere Gesellschaft sein und etwas gegen die bestehende Unterdrückung tun.

Irgendwann hätte ich gern Kinder und am liebsten würde ich die hier in Potsdam/Brandenburg aufwachsen sehen. Ich stelle mir immer vor, dass ich ein schönes großes altes Haus hier in der Region auf dem Land schick mache. Da kann ich mir meine Enten und Hühner und Schafe halten und Tomaten züchten. Meine Großfamilie ist ja dann hoffentlich auch nicht so weit weg und dann können meine Kinder immer mit ihren Cousins und Cousinen zusammen sein und ihre Großeltern besuchen und so. Das fänd' ich schön. Außerdem könnte ich dann auch weiter bei C06 spielen.

Wir bedanken uns für dieses spannende Interview und hoffen, dass wir die Welt zusammen noch ganz viel besser machen können.


Alle anderen Interviews der Reihe findet ihr hier: concordia-nowawes.de/kiosk/concordia-im-interview