Concordia Nowawes

Im Interview (Folge 27): Josef Bauer

Josef Bauer spielte beim FV Turbine Potsdam 55, als es dort noch Jugendteams in der Landesklasse gab. Vor 12 Jahren fand er den Weg zu Concordia und trainierte 9 Jahre Kinder und Jugendliche, bevor er vor 3 Jahren mit Roman Böttcher unser erstes Erwachsenenteam übernahm. Wir haben mit ihm über Violinenunterricht und Leicht-athletik, über die linke Offensivseite und Mobus Schlatter, über den Reiz des Trainings mit Jugendlichen und Erwachsenen, über sportliche Highlights und emotionale Verabschiedungen, über die Niederlage der B-Junioren im Pokalfinale, über Lern- und Entwicklungsprozesse im Erwachsenenteam, über die Fair Play Wertung, über die bevorstehende Saison in der 1. Kreisklasse und über seine persönlichen und sportlichen Pläne geredet.

Hallo Josef, seit wann interessierst Du Dich für Fußball? Hast Du selbst einmal gespielt?

Josef Bauer: Fußball hat mich bereits seit der Grundschule sehr interessiert. Ich habe jede freie Minute auf dem Bolzplatz verbracht, war in jeder Schulmannschaft bei Turnieren dabei. Dennoch war die organisierte Freizeit-gewichtung bei mir lange anders verteilt. Ich habe an der Musikschule 13 Jahre lang Violine spielen gelernt. Das hatte nicht bei mir aber bei meinen Eltern immer oberste Priorität. Und ich war zunächst im Leichtathletikverein angemeldet. In einem Fußballverein bin ich erst in der C-Jugend beim FV Turbine Potsdam 55 in der Landesklasse aktiv geworden. Dort habe ich mir in kurzer Zeit einen Stammplatz auf dem linken offensiven Flügel, später ganz alleine auf der linken Seite, erspielt. Irgendwann hörte ich aufgrund von dauerhaften Knieproblemen bei zu hoher Belastung (Morbus Schlatter), wegen einer Verletzung, aus persönlichen Gründen und wegen vielen anderen Interessen mit dem aktiven Vereinsfußball auf. Meine Liebe zum Fußball ist aber immer ganz groß geblieben. So lange es mein linkes Knie zuließ, hat man mich trotzdem auf den Bolzplätzen der Stadt mit dem Ball am Fuß rumlaufen sehen.

2000 Meter-Lauf im Luftschiffhafen
Siegerehrung im Luftschiffhafen nach der Stadtmeisterschaft über 2000 Meter 1995
Wandern im Stubaital 1995
Im Ötztal 1998

Wie bist Du zu Concordia gekommen?

Josef Bauer: Das ist schon sehr lange her mittlerweile. Ich weiß noch, dass mich die damalige Freundin unseres großen Präsidenten, die liebe Ulla, auf unserer Arbeit angesprochen hat, ob ich nicht Lust hätte mal rein zu schnuppern, weil ein neuer alternativer Jugendverein noch Übungsleiter sucht für seine neuen Punktspiel-mannschaften. Sie kannte meine damalige brennende Leidenschaft für den SV Babelsberg 03 und den Sport. Dann wurde ich von unserem Präsidenten zu einem Probetraining eingeladen und schon stand ich mit Steffen, zusammen (er war kurz vor mir dazu geholt worden) vor einer kleinen Gruppe 7-jähriger Kinder und leitete ein kleines Training an. Am Ende des Trainings wurde dann von unserem lieben Steffen vor den Kindern verkündet, ohne mich vorher nochmal zu fragen, dass Steffen und ich die neuen Übungsleiter sind. Natürlich gab es danach nochmal ein kurzes Gespräch mit Steffen, unserem Präsidenten, Lutz und Olli. Aber nach der lieben Ansage von Steffen vorher vor den Kindern, konnte ich dann nicht mehr nein sagen, auch wenn ich mir in dem Moment noch gar nicht sicher war, ob ich das zeitlich und inhaltlich überhaupt stemmen kann. So bin ich also mit eingestiegen und bis heute geblieben.

Was hat Dich an der Aufgabe, ein Jugendteam zu trainieren, gereizt?

Josef Bauer: Es war in erster Linie nicht die Aufgabe ein Jugendteam zu trainieren, sondern es war meine Liebe zum Fußball, die mich gereizt hat, auch Aufgaben in diesem Bereich zu übernehmen. Zudem war es auch die alternative Herangehensweise von Cordi, die mich angesprochen hat. Die Freude in den Kinderaugen während und nach meinem ersten Training hat dann die letzte Überzeugungsarbeit geleistet.

Welche Teams hast Du bei Concordia trainiert, bevor Du das Erwachsenenteam mit Roman übernommen hast?

Josef Bauer: Das erste Team war der Jahrgang 2004, den ich mit Steffen zusammen 4 Jahre trainiert habe. Wir sind damals als einziges Team von Cordi als F2-Jugend in den Punktspielbetrieb gestartet. Das war ein sehr schweres Jahr, und ich finde es gut und sinnvoll, dass das nie wieder gemacht wurde und die Kinder bei uns frühestens erst ein Jahr später in den Wettbewerb starten [Anmerkung der Redaktion: Inzwischen meldet Concordia sogar erst ab den E-Junioren für den Spielbetrieb, weil die neuen Spielformen im F-Alter nicht zu unserer Vereinsphilosophie passen]. Nach den 4 Jahren mit den 2004ern habe ich den Jahrgang 2006, zusammen mit Balthi und Franz als meine Co-Trainer, übernommen. 5 Jahre habe ich diese Aufgabe mit ganz viel Herz und Leidenschaft gemacht. Ichhabe die 2006er im ersten Corona-Jahr noch aufs Großfeld geführt. Danach brauchte die Mannschaft wieder neuen Input und ich eine neue Aufgabe oder Herausforderung.

2015 mit dem Jahrgang 2006

An welche Spiele oder Erlebnisse aus dieser Zeit wirst Du Dich noch in 20 Jahren erinnern?

Josef Bauer: Es gibt viele schöne Erlebnisse aus der Zeit. Sportlich war natürlich der erste 2. Platz mit den 2004ern als F1 bei einem Turnier in Saarmund ein tolles Erlebnis. Auch die Meisterschaft und der Aufstieg später mit den 2006ern als E1 sind mir in schöner Erinnerung geblieben oder auch die Reise mit den 2006ern zu einem Turnier in Dänemark, wo sich die Mannschaft überraschend gegen viele Leistungsmannschaften aus Dänemark in die Goldrunde gespielt hat und am 2. Turniertag die Möglichkeit hatte, um den Turniersieg zu spielen.

Aber viel mehr als diese sportlichen Erlebnisse sind es die kleinen Dinge, die wirklich in meinem Herzen verankert sind. Die Auswärtsfahrten mit Steffen und Claudia (Mutter von Bela Boehlke aus dem Jahrgang 2004) waren immer ein Fest. Meine Verabschiedungen von den 2004ern und von den 2006ern waren auch sehr emotional. Ich habe beide Teams nur schweren Herzens verlassen, weil ich meine Mannschaften und Spieler immer geliebt habe. Die Verabschiedungen haben immer gezeigt, dass das stets auf Gegenseitigkeit beruht hat.

Ebenso tolle Momente sind aber immer die gewesen, wenn es uns gelungen ist, einen Spieler, der bei anderen Vereinen gespielt hat und verdrossen aufhören wollte, weil er den Spaß am Sport verloren hatte, wieder für den Fußball zu begeistern und zu motivieren, wieder bei uns gegen den Ball zu treten. Zum Beispiel bei den 2006ern unser lieber Emil, der nach 2 Jahren Nulldrei dort nicht in die C-Jugend übernommen wurde und aufhören wollte. Ich konnte Emil damals zum Glück überzeugen, wieder zu uns zurück zu kommen. Nun kickt Emil immer noch bei uns in der A-Jugend. Auch bei den Erwachsenen freue ich mich sehr, dass unser A-Jugendtrainer Bille durch Cordi wieder Lust bekommen hat, am Wochenende für den Verein die Töppen zu schnüren. Ich könnte da noch deutlich mehr Spieler aufzählen, aber das würde jetzt hier den Rahmen sprengen. Jeder, der so eine Geschichte hat, darf sich angesprochen fühlen.

Aus meiner Zeit als Trainer der Erwachsenen bleiben solche Ereignisse wie die Spendenaktion für unseren Sonnenschein Dembo oder auch die Verabschiedungszeremonie für Roman in Göttingen immer ganz tief in meinem Herzen verankert.

Gibt es etwas, was Dir im Umgang mit Jugendlichen besonders wichtig ist?

Josef Bauer: Zuhören, Vertrauen, Ehrlichkeit, Offenheit, Empathie, die Fähigkeit verzeihen zu können, Fairness, Selbstreflexion und eine Gesprächsführung auf Augenhöhe. All das sind Dinge, die mir nicht nur im Umgang mit Jugendlichen ganz wichtig sind und wo ich selbst auch immer wieder ganz viel lernen kann und will.

Zuhören und Augenhöhe auch mit Jugendlichen

Unsere 2006er haben durch Corona und große personelle Umbrüche einige schwere Jahre hinter sich. In diesem Jahr hat das Team sich für das Pokalfinale qualifiziert. Du warst einer der Ersten, die sich ein Ticket für den Fanbus nach Falkensee gesichert haben. Wie hat Dir als ehemaligem Trainer das Spiel gefallen? War vielleicht sogar mehr drin als die 1:2-Niederlage?

Josef Bauer: Erstmal möchte ich den 2006ern und 2007ern ein großes Kompliment für diesen starken Erfolg, als erstes Team von Cordi ein Pokalfinale bestreiten zu dürfen, aussprechen. Für mich seid ihr trotz der knappen Niederlage große Gewinner! Dass ich einer der Ersten war, der sich ein Ticket gekauft hat, das halte ich für ein Gerücht, denn mir wurde beim Kauf gesagt, es wären schon über 30 Karten weg und die Ticketnummer 16 hat nichts zu sagen. Zum Spiel: ich glaube, Werder hat das Finale verdient gewonnen. Sie waren fußballerisch schon deutlich stärker als Cordi. Aber mit dem Anschlusstreffer und dem berühmten Moment hätte das Spiel auch nochmal kippen können. Dennoch war das sportlich schon richtig so, wie es ausgegangen ist. Ich war und bin aber immer wieder davon begeistert, wie Cordi-Mannschaften trotz Rückschlägen nie aufgeben. Das hat die B-Jugend in diesem Spiel auch wieder bewiesen. Das Spiel war ein tolles Erlebnis, für die B-Jugend und den ganzen Verein.

Warum wolltest Du vor drei Jahren unbedingt in den Erwachsenenbereich wechseln?

Josef Bauer: Es gab viele Gründe. Erstmal wollte ich gerne die 2006er nach 5 Jahren abgeben. Ich glaube, es schadet keiner Mannschaft, im Jugendbereich auch von neuen Trainern andere Techniken, Taktiken und Umgangs-weisen zu lernen. Das macht die Spieler am Ende nur vielseitiger und stärker. Warum der Erwachsenenbereich mich interessiert hat? Zum einen wollte ich immer gerne mal ein Erwachsenenteam trainieren, denn Fußball im Erwachsenenbereich ist eine ganz andere Herausforderung als im Jugendbereich. Die Spieler sind älter, hinterfragen mehr. Viele Spieler haben auch schon ganz klare eigene Vorstellungen davon, wie sie spielen wollen und davon was sie können oder halt noch nicht. Ich habe schon immer im Jugendbereich gerne den 2001ern beim Training zugeschaut und hatte richtig Bock auf die Truppe. Dazu kam noch, dass Balthi, Franz, Jonathan und ich - ähnlich wie unser lieber Zetti - schon länger gesagt hatten, wir würden gerne den Schritt in den Erwachsenenbereich zusammen gehen und dort etwas zusammen aufbauen. Aufbauen, das ist auch ein Stichwort - ich liebe es, Pionierarbeit zu leisten. neue Wege zu gehen, etwas wachsen zu lassen. Auch deshalb war das Erwachsenenteam sehr interessant für mich. Und mich reizt auch die multikulturelle Zusammensetzung der Mannschaft, das findet man im unterklassigen Bereich im Fußball in Brandenburg relativ selten.

Wie bewertest Du im Rückblick die schwere erste Saison bei den Erwachsenen mit einer jungen Mannschaft? Wo lagen die größten Probleme für die Spieler und das Trainerteam? Was würdest Du anders machen, wenn Du noch einmal in dieser Situation wärst?

Josef Bauer: Naja, ich finde das erste Jahr kann schwer bewertet werden. Die Saison wurde ja bereits nach 8 Spieltagen abgebrochen. Dass ein Team, welches komplett aus der A-Jugend kommt, Anlaufschwierigkeiten bei den Erwachsenen hat, finde ich nicht verwunderlich oder problematisch. Die Umstellung auf die Physis der Gegner und die Erfahrungswerte der Gegner braucht halt seine Zeit und ist auch heute noch nicht abgeschlossen. Ich glaube aber, das größte Problem waren die eigenen Erwartungshaltungen der Spieler, die sich - glaube ich - mehr erhofft hatten aus den ersten Spielen. Das hat man ganz stark auf dem Platz gesehen, wie verkrampft und gezwungen sich auch tragende Spieler auf dem Platz bewegt haben. Die vielen Zuseher machten es in diesem Moment auch nicht leichter, sondern erzeugten schon ein wenig Druck bei der Mannschaft. Auch damit musste die junge Truppe erst mal lernen umzugehen. Dennoch würde ich nicht sagen, dass wir etwas hätten großartig anders machen können und sollen. Die negativen Erfahrungen aus den ersten Spielen waren für die Mannschaft extrem wichtig, um zu lernen. Zudem war ich ja auch erst neu bei der Mannschaft und mit Roman noch der alte Trainer da. Ich habe zu Beginn auch erst mal mehr zugesehen, die Spieler kennengelernt und eine Beziehung zu ihnen aufgebaut. Später habe ich dann auch immer mehr im Training meine Gedanken mit eingebracht. Mit der Idee, auf eine 3er-Kette umzustellen, kamen ja dann auch die ersten Erfolgserlebnisse - das 4:4 gegen Lok 2 und der Sieg in Michendorf. Aber ich glaube, dass auch die Spiele davor, wenngleich noch sehr wild, nicht schlecht waren. Nur die Gegner waren cleverer und wir noch grün hinter den Ohren.

Inzwischen ist Concordia auch im Erwachsenenbereich angekommen. Nach einer aufregenden Saison mit vielen gedrehten Spielen und wirklich ansehnlichem Fußball hat es letztlich für den zweiten Platz und den Aufstieg in die 1. Kreisklasse gereicht. Wie schätzt Du den Saisonverlauf in unserer Staffel ein?

Josef Bauer: Erst einmal möchte ich United Teltow FC zum Staffelsieg und Aufstieg gratulieren. Aber wir haben gegen starke Konkurrenz lange mitgehalten. Also die Hinrunde haben wir wirklich tollen, attraktiven und erfolgreichen Fußball gespielt. Die jährlichen Anlaufschwierigkeiten kennen wir inzwischen. Da der Saisonbeginn in die Ferien und die vorlesungsfreie Zeit fällt, ist die Trainingsbeteiligung in einem jungen und reisefreudigen Team schwach. Aber obwohl ein großer Pool an neuen Spielern aus der A-Jugend ins Erwachsenenteam kam, haben wir uns schnell als Team gefunden. Nur eine Niederlage und zwei Unentschieden in der Hinrunde unterstreichen das. In der Rückrunde haben wir leider kaum noch Fortschritte gemacht. Die Gegner hatten sich auf uns eingestellt und haben uns das Leben oft mit sehr defensivem Fußball schwer gemacht. Dazu kamen Undiszipliniertheiten in den Spielen, keine Konstanz im Training und der selbstauferlegte Druck, gerne die Meisterschaft holen zu wollen, wenn wir die Chance dazu haben. Da kam dann auch wieder zum Vorschein, dass wir halt doch noch eine ganz junge Mannschaft sind, die noch nicht konstant genug spielen kann und mit Druck immer noch ihre Probleme hat. Auch ich als Trainer habe mich stark unter Druck gesetzt. Ich persönlich hatte in der letzten Saison auch sehr große private Probleme, habe eine kleine Lebenskrise durchgemacht, mich immer weiter zurückgezogen, was auf alle Bereiche in meinem Leben stark abgefärbt hat. Auch auf die Mannschaft, die gerade in dieser schwierigen Phase einen starken Coach gebraucht hätte. Gerade am Ende der Hinrunde und zu Beginn der Rückrunde hat ein Co-Trainer gefehlt, der unterstützt und Last und Druck abnimmt, da hat sich das Fehlen vonRoman bei mir und damit bei der Mannschaft stark bemerkbar gemacht. Es kam vieles zusammen. Dennoch haben wir am Ende wieder die Kurve bekommen und die letzten Spiele haben gezeigt, dass wir uns jetzt wieder in die richtige Richtung bewegen. Der zweite Platz und der Aufstieg sind am Ende auch der verdiente Lohn für eine starke Saison in einer schweren Staffel, auch wenn noch mehr drin gewesen wäre. Auch dass wir Max im Laufe der Rückrunde als Co-Trainer dazu gewinnen konnten, ist sehr erfreulich.

Wo liegen die Stärken Deines Teams und wo müssen wir noch zulegen?

Josef Bauer: ... unseres Teams ... das würde jetzt echt zu lange werden, wenn ich alle Stärken und alle verbesserungswürdigen Punkte aufzählen würde. Von beidem haben wir ganz viel. Ich nenne mal exemplarisch 4 Stärken:

  1. der Wille nie aufzugeben, den ich vorhin bereits angesprochen habe, bei allen Cordi-Mannschaften – das heißt Teamgeist
  2. Laufstärke oder auch Fitness im Vergleich zu den vielen alten Männern bei den Gegnern
  3. individuelle technische Stärken. zum Beispiel im Dribbling
  4. eine junge Mannschaft, die noch ganz viel Entwicklungspotenzial hat.

Verbesserungswürdige Punkte haben wir auch noch ganz viele. Die möchte ich aber nicht alle nennen, denn eventuell liest ja auch der eine oder andere Gegner dieses Interview. Dennoch hier exemplarisch auch mal 2:

  1. Disziplin auf dem Platz und Cleverness
  2. präzise Abschlüsse und der Wille, ein einfaches Tor machen zu wollen.

Das soll jetzt erst mal reichen. Ich glaube, es ist halt wie in fast jeder Fußballmannschaft. Es gibt noch viel zu verbessern, aber vieles ist auch schon gut und macht Spaß.

Welche Bedeutung hat der Support unserer Fans für das Team und für Dich als Trainer? Was sollte den Support bei Concordia von dem auf anderen Sportplätzen unterscheiden?

Josef Bauer: Oha, unsere lieben Fans, ein schönes Thema. Wir lieben unsere Fans und ich hoffe doch sehr, wir haben auch in jeder Sekunde das Gefühl, unsere Fans lieben uns auch. Es ist toll, immer wieder vor so vielen Zuschauern zu spielen. Da kann sich so mancher Oberligist noch etwas abschauen. Viele Fans motivieren auf der einen Seite immer sehr, auf der anderen Seite erzeugt das aber auch ein wenig Druck, denn niemand will sich vor vielen Zuschauern blamieren. Dass unsere Fans aber fast immer zahlreich da sind, egal ob es gut oder schlecht läuft, zeigt nur, dass das Gefühl, unter Druckzu stehen, oft unbegründet ist. Das mussten wir als Team auch erst lernen. Der Zusammenhalt zeigt, was mit der Cordi-Familie gemeint ist. Ich finde der Support unterscheidet sich schon deutlich von anderen Vereinen, da wir Support mit sozialer und politischer Haltung haben und eben als Cordi-Familie auftreten. Das Pokalfinale der B-Junioren gegen Werder oder das Spiel der C1 zum Ende der Saison gegen Roskow haben das auch gezeigt.

Ich würde mir wünschen, dass auch die Jugendspiele noch häufiger so gut besucht sind, wie die der Erwachsenen, denn da liegen die Wurzeln und die Prioritäten im Verein. Das würde uns noch deutlicher von anderen Fanszenen abheben. Ebenso würde ich mir wünschen, dass die vereinzelten Sprüche gegen Gegner oder Schiedsrichter gar nicht mehr stattfinden, sondern nur das eigene Team angefeuert wird. Auch das sollte uns von anderen Vereinen unterscheiden, dann wäre unsere Fanszene noch einzigartiger.

Warum können wir in Stücken einfach nicht gewinnen?

Josef Bauer: (schmunzelt) ... weil wir jetzt nicht mehr gegen sie spielen. Ich denke, dass in Stücken jeder in der 2. Kreisklasse verlieren kann. Stücken hat immer mal für Überraschungen gesorgt die letzten 2 Jahre, und die Mannschaft ist bei guter Besetzung auch nicht schlecht. Es gab dort für uns immer sehr besondere Umstände, was Platz - ein echter Acker -, Zuschauer und Atmosphäre angeht. Immer wenn wir in Stücken waren, wurden wir von so vielen Zuschauern begleitet, dass es für Stücken zum Spiel des Jahres werden konnte. Das motivierte den Gegner stets zu Höchstleistungen und erzeugte mehr Druck auf unser Team. Die Vorgeschichte mit Stücken, beonders der Spielabbruch auf der Sandscholle letztes Jahr mit anschließender Niederlage vor dem Sportgericht und der Umstand, als qualitativ bessere Mannschaft dort eigentlich gewinnen zu müssen, hat sicherlich auch dazu beigetragen, innerlich zu verkrampfen. Ein so junges Team steckt das vielleicht noch nicht ganz so gut weg. Dass der Platz in Stücken es kaum zulässt, ein ordentliches Aufbauspiel zu betreiben und eigentlich nur Kick and Rush ermöglicht, war sicherlich auch nicht hilfreich. ABER: Ich glaube wir können in Stücken gewinnen, auch wenn es momentan nur im Pokal noch die Möglichkeit geben könnte. Die Frage ist einfach falsch gestellt, das Wort „bisher“ fehlt dabei.

Nach einer Aufstiegsfeier mit ganz viel Pathos und Euphorie freut sich der ganze Verein auf die neue Liga. Welche Zielstellung gibt das Trainerteam aus?

Josef Bauer: Fandet ihr wirklich, dass der Aufstieg mit so viel Pathos und Euphorie gefeiert wurde? Empfindungen sind dann doch immer sehr subjektiv. Aber okay, ihr habt Romans Abschied in Göttingen nicht miterlebt.

Als Zielstellung geben wir keinen Tabellenplatz oder Ähnliches aus. Die Mannschaft darf die nächste Saison als Belohnung für diese Saison betrachten. Wir wollen erst einmal in der Liga ankommen. Wir haben keinen Druck und wollen einfach jedes Spiel mit großer Freude angehen. Natürlich wollen wir nicht gleich wieder absteigen, aber da sind wir sehr zuversichtlich, dass das nicht passieren wird.

Auf welches Spiel freust Du Dich besonders? Welche Gegner schätzt Du am stärksten und welche am sympathischsten ein?

Josef Bauer: Mir fehlt ein wenig die Grundlage, um die Stärken unserer zukünftigen Gegner wirklich beurteilen zu können, schließlich spielen wir gegen viele neue Gegner und Kreisklassenfußball ist kein Profifußball, wo wir viel Videomaterial hätten, um die Gegner vorher zu beobachten. Zudem wird für uns jedes Spiel schwer und eine neue Herausforderung. Da macht es für mich keinen Sinn, schon vorher in der Öffentlichkeit über starke Gegner zu spekulieren. Wer stark ist, werden wir in der Saison sehen.
Aus dem selben Grund fällt es mir auch schwer, etwas über Sympathie zu sagen, weil wir die meisten Gegner gar nicht kennen. Ich kann aber schon sagen, dass ich mich freue wieder auf die Schlaatzer - Juventas Crew - zu treffen, weil ich dort einige Menschen im Verein persönlich kenne und mag. Auch auf Eiche Ragösen freue ich mich. Wegen meiner eigenen Vergangenheit freue ich mich auch auf Turbine Potsdams erste Vertretung.

Welche Spieler verlassen das Team und wer wird uns verstärken?

Josef Bauer: Verlassen werden uns leider Jonathan, Konny, Souleymane, Base, Lukas und Tristan - teilweise weil sie aus Potsdam wegziehen, teilweise aus persönlichen Gründen. Wir danken euch allen für das, was ihr für Cordi geleistet habt und wünschen eine tolle Zukunft! Die Tür zu Cordi bleibt für euch offen.
Mit Josua wird uns im Verlauf der Hinrunde leider noch ein weiterer wichtiger Spieler verlassen, wenn er seinen Studienplatz in Hamburg bekommt. Natürlich wünschen wir uns, dass er dort abgelehnt wird und hier studiert und bei Cordi bleibt. Insgeheim haben wir bereits alles in die Wege geleitet, um seinen Gang nach Hamburg zu verhindern. Nein, Scherz beiseite, auch Josua werden wir zum gegebenen Zeitpunkt noch ordentlich verabschieden.

Einige uns schon bekannte Gesichter werden die Mannschaft wieder verstärken. Jannis Stefanis wechselt nach einem Jahr Kreisliga bei Viktoria Potsdam zurück zu Concordia und Jakob Ortlepp verstärkt das Team, wenn er von seiner Südamerika-Tour zurück ist, Ebenso möchte Rahime nach halbjähriger Pause wieder einsteigen. Wir freuen uns sehr, euch wieder begrüßen zu dürfen. Mit Carl Winterhagen werden wir auch noch eine externe Verstärkung bekommen. Carl hat zum Ende dieser Saison bereits mittrainiert und ich persönlich freue mich schon sehr darauf, ihn im Corditrikot auf dem Platz zu sehen. Ein herzliches Willkommen an alle neuen und alle neuen alten Gesichter! Damit ist der Kader jetzt auch groß und voll. Die Kaderplanung ist damit auch abgeschlossen und wir nehmen keine weiteren Spieler mehr auf.

In den letzten Saison ist es sehr gut gelungen, die Spieler, die aus den A-Junioren herauswuchsen, im Erwachsenenteam zu integrieren. Wie ist das gelungen? Auf welche Spieler aus dem eigenen Jugendbereich können wir uns diesmal freuen?

Josef Bauer: Das ist ein Ergebnis aus dem gesamten Team heraus. Jeder, der Bock auf das Team hat und selbst gewillt ist, sich einzubringen und zu integrieren, hat es eigentlich einfach, im Team Fuß zu fassen. Die Mannschaft ist sehr offen und herzlich zu allen neuen Gesichtern. Es gibt kaum Neid oder Gerangel um Einsatzzeiten. Jeder gönnt dem anderen auch seinen Platz in der Mannschaft. Zudem ist es uns wichtig, bereits schon vor dem ersten Saisontraining mit allen aufrückenden A-Junioren in Kontakt zu kommen, um ihnen eventuelle Ängste zu nehmen und ihre Vorfreude auf den Erwachsenenbereich zu stärken. Auch half es sicherlich, dass die Erwachsenen und A-Junioren im Winter oft nebeneinander und sogar miteinander trainiert haben. Das haben wir auch die letzte Saison wieder probiert. Leider gelingt die Integration aber natürlich nicht immer im vollem Umfang bei Jedem, was sehr traurig ist. Dennoch finde ich, dass es in der letzten Saison bei den meisten sehr gut geklappt hat

Freuen dürft ihr euch auf drei A-Junioren: Paul Obst, Jacfar Abdinasir Issa und Bela Boehlke. Wir als Team kennen die drei bereits aus dem Wintertraining und freuen uns auf sie, herzlich Willkommen. Wir hoffen sehr, dass alle drei bei uns gut ankommen und schnell ihren Weg bei uns finden werden. Es ist nicht ganz ausgeeschlossen, dass es vielleicht noch einen weiteren A-Junioren gibt, der aufrutscht. Eine besondere Geschichte habe ich persönlich mit Bela Boehlke, der vor 9 oder 10 Jahren zu Steffen und mir ins Team kam, als ich noch Trainer der 2004er war. Jetzt schließt sich ein Kreis und er kommt wieder zu mir. Darauf freue ich mich persönlich ganz besonders.

Wann gewinnt Concordia im Erwachsenenbereich das erste Mal die Fair Play Wertung?

Josef Bauer: Böse Frage, die ich, glaube ich, mit „wahrscheinlich so schnell leider nicht“ beantworten muss. Es gibt viele Gründe dafür, warum wir so viele Karten und Strafen sammeln. An denen innerhalb des Teams, die wir beeinflussen können - Undiszipliniertheiten, Unerfahrenheit und junge aufbrausende Spieler - arbeiten wir natürlich auch. Aber es gibt auch Schiedsrichter, die nicht frei von subjektiven Beurteilungen der Spieler sind. Da gilt eine junge bunte Truppe schnell als wild und emotional und der Schiri greift dann lieber mal früher zur Karte. Leider gibt es auch Gegenspieler, die es sich zunutze machen, junge Gegenspieler so lange zu provozieren, bis da die Geduldsschnur reißt. Ich glaube wegen all dieser Gründe werden noch einige Saisons ins Land ziehen müssen, bis Cordi im Erwachsenenbereich mal die Fair Play Wertung gewinnt. Ich lasse mich aber gerne vom Gegenteil überraschen.

Kann ein Verein wie Concordia die Fußballwelt ein bisschen besser machen?

Josef Bauer: Wenn es nur um ein bisschen geht, dann Ja. In unserer Region können wir versuchen, mit gutem Vorbild voran zu gehen, was Philosophie, Einstellung zum Sport und den sozialem Umgang angeht. Vielleicht kann unser Modell auch etwas auf andere Vereine abfärben. Leider ist die große Fußballwelt aber in vielen Dingen schon so kaputt, dass ich kaum Hoffnung habe, dass sich dort wirklich vieles zum Guten verbessert, auch nicht durch Cordi. Aber, wäre die Fußballwelt teilweise nicht so kaputt, wäre ein Verein wie unserer auch nicht nötig. Alleine das es diesen Verein gibt, macht die Fußballwelt schon ein bisschen besser.

Welche Wünsche hast Du für die weitere Entwicklung unseres Vereins?

Josef Bauer: Wie auch alle anderen Trainer im Verein würde es mich freuen, wenn sich die Sportplatzsituation etwas entspannen würde. Desweiteren würde ich uns mehr Frauenpower in den Gremien, sowie auch auf der Trainerebene wünschen. Auch die Entwicklung einer Frauenmannschaft fände ich super. Ansonsten wünsche ich mir, dass wir als Verein einfach unserer Philosophie treu bleiben.

Was machst Du eigentlich, wenn Du nicht auf dem Fußballplatz stehst?

Josef Bauer: Ich studiere soziale Arbeit an der Fachhochschule und arbeite in der Stadtteilkneipe Nowawes, wo unser lieber Verein gegründet wurde, kommt gerne vorbei. Ich liebe es an der frischen Luft unterwegs zu sein, mal eine Wander- oder Radtour zu machen. Ich mag die Berge. Ansonsten zeichne ich sehr gerne, renne über die Fußballplätze und schaue mir Spiele an oder genieße ein kühles Getränk mit Freunden.

Welche Pläne hast Du für die nächsten Jahre – ganz persönlich, beruflich und mit Concordia?

Josef Bauer: Ich möchte gerne bald mein Studium beenden, um mal ins Berufsleben ein zu steigen. Bei Cordi werde ich weiterhin als Trainer tätig sein, so lange es die Kraft, Zeit und Motivation zulässt. Und persönlich möchte ich mich stets weiter entwickeln, meine Dämonen aus dem Winter und Frühjahr weiter hinter mir lassen und das Leben wieder mit Freude und einer gewissen Leichtigkeit genießen.

Ich danke meinem Team für die tolle Unterstützung in dieser Zeit. Gerade das regelmäßige Training ist zwar hin und wieder anstrengend, aber es ist auch eine Konstante im Leben. Ihr habt mir sehr geholfen, ihr seid eben die Cordi-Familie.

Ich bedanke mich für die sehr vielen Fragen und wir sehen uns auf der Scholle, Bleibt gesund und freut euch auf eine aufregende neue Saison.

Hallo Josef, wir bedanken uns für die vielen Antworten auf unser bisher wohl längstes Interview und freuen uns auf die nächste große Saison mit rauschenden Fußballfesten und entspannten Menschen.