Concordia Nowawes

Im Interview (Folge 11): Oliver Lange

Oliver Lange kam als Spielerpapi zu Concordia, als die Spielgegner noch fragten, wo Nowawes liegt und warum wir keine Werbung auf den Trikots haben. In einer Zeit, in der ein neuer Verein eine Menge Träume und Flausen im Kopf, aber weder einen Sportplatz noch eine Lobby in der Stadt hat, braucht man Fußballverrückte, die die Dinge einfach anpacken und trotz alledem machen. Olli spendierte Concordia 2009 die erste Kluft, holte bei einem der ersten Frühlingsfeste Johnny Wolga zum Hüpfburgkonzert auf die Nowawiese und baute dort mit uns symbolisch den ersten Bolzplatz. Heute kennen ihn die meisten als DJ Fliese oder den mit der roten Mütze. Er beendet Mails gern "mit concordistischen Grüßen" und trainiert trotz großer Arbeitsbelastung seit einigen Jahren unsere Minis. Wir haben ihn zu seinen Erinnerungen an die Anfangsjahre, die Sportplatzsituation in Potsdam, sein Talent beim Schnürsenkelbinden, Spreewälder Gurken und unser Erwachsenenteam befragt.

Selbstgemacht ohne die Hilfe der Stadt Potsdam: Unser erster Bolzplatz auf der Nowawiese.

2009 suchte Concordia die Spieler für das erste Jugendteam unseres 2006 neugegründeten Vereins zusammen. Dafür wurden Zettel mit unserer Präambel an den Babelsberger Bushaltestellen ausgehangen. Das war ja ein echtes Experiment. Wir haben nach Ostern mit dem Training begonnen und sind gleich nach den Sommerferien in die erste Punktspielsaison gestartet. Du warst einer der ersten, der sein Kind angemeldet hat. An was erinnerst Du Dich noch?

Oliver Lange: Also zum einen erinnere ich mich an den Platz hinterm Karli. Den Container und viele Kids, die nach und nach eintrudelten, um jetzt endlich Fußball spielen zu können. Ab und an gab es auch mal das eine oder andere Autogramm von den „Blaupfeifern“ [Anmerkung der Redaktion: So nannten um 1930 die Arbeitersportler des SV Concordia 06 die bürgerlichen Nulldreier]. Begehrt waren die von „Patti“ Moritz. Zwei durchaus motivierte Trainer am Rand mit viel Spaß und Engagement bei der Sache. Irgendwie hat mich das gesamte Paket dann einfach mitgerissen.

Du bist derjenige, der dem Verein die allererste Spielkluft spendiert hat – und danach noch einiges mehr. Auch an den ersten Frühlingsfesten auf der Nowawiese hast Du einen großen Anteil. Das Konzert von Johnny Wolga auf der Hüpfburg ist noch heute legendär. Was hat Dich an dem Experiment Concordia gereizt?

Oliver Lange: Es war auch für mich eine sehr aufregende und zugleich schöne Zeit. Gereizt hat mich schon immer der DIY-Gedanke, welcher bei uns im Vordergrund stand und steht. Wir haben sehr viel gewuppt und das immer mit Spaß und furchtbar netten Leuten. Jeder packte entsprechend seinen Möglichkeiten mit an und vertrat das mit unglaublich viel Enthusiasmus. Neue Projekte reizen mich besonders. Concordia war und ist für mich eines und ich bin froh, Teil dessen zu sein. Ich kann mich noch gut an unser Gespräch nach dem ersten Frühlingfest auf dem Baumstamm erinnern. Wir saßen da rum und Du meintest zu mir… „Guck mal Olli, das wäre jetzt unser Platz und kein Platz in dieser Stadt wäre besser für Concordia geeignet, das muss unser Ziel sein“. Es war ein wirklich schöner Moment.

Beim Auswärtsspiel der F-Junioren in Werder

Concordia war in der Anfangszeit ja ein Verein ohne Heimstatt. In der Stadtverwaltung hat man uns ernsthaft empfohlen, nicht so viele Mitglieder aufzunehmen und zu warten, bis die Stadt zusätzliche Sportplätze gebaut hat. Unsere ersten Teams haben wirklich unter unvorstellbar schlechten Bedingungen auf Park- und Spielplätzen trainiert. Also mussten wir uns zwischen den zumeist deftigen Niederlagen in den Punktspielen auch noch um neue Sportplätze kümmern. Wir haben am Park Babelsberg kurzerhand den ersten Bolzplatz selbst gebaut und mit dem Vorschlag, auf der Nowawiese einen neuen Platz zu bauen, im Bürgerhaushalt gewonnen. Bäckermeister Frank Fahland hat uns später einen kleinen Trainingsplatz an der Wetzlarer Straße spendiert. Wie hast Du das alles erlebt? Was muss auf den Sportplätzen noch passieren?

Oliver Lange: Beim Thema Sportstätten und Sportstadt Potsdam kommt mir buchstäblich die Galle hoch. Ich erinnere mich noch gut an die Gespräche im Stadthaus mit den Beigeordneten und OB Jakobs. Der öffentliche Druck musste immer hoch gehalten werden, um das zu erreichen, was wir bisher erreicht haben. Im Grunde war ich danach immer fix und fertig. Ich als Pragmatiker kann eben nicht viel mit dem Palaver anfangen und oft war ich den Tränen nahe ob soviel Unverständnis und gleichzeitig Unvermögen. Umso höher schätze ich euer Engagement in der Sache und bewundere die Gelassenheit mit der unser „Chef“ beispielsweise die Dinge in dieser Zeit angegangen ist. Meine direkte und nicht immer feine Art hätte vermutlich etwas mehr Verstimmungen hinterlassen und wir würden immer noch auf einem Bolzplatz kicken. Obwohl, die Nowawiese ist ja eigentlich nur ein Bolzplatz!! Es fehlt an allem! Licht!! Keine Möglichkeiten sich vernünftig umzuziehen und ein Platz, der - wenn überhaupt - maximal 6 Monate im Jahr nutzbar ist. Und als Ausrede wird immer wieder die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und das Welterbe ins Feld geführt. Hier müsste noch so einiges passieren. Anstelle die Stadt komplett mit Wohnbebauungen zuzupflastern, sollte jetzt intensiv nach Flächen für den Breitensport geforscht werden. Und die vorhandenen Flächen müssen entsprechend ausgebaut werden, um so möglichst mehr Kapazitäten zu schaffen. Das würde schon einiges an Druck rausnehmen. Vernünftiges Licht und ein Kunstrasen auf der Nowawiese wären ja beispielsweise schon mal ein kleiner Anfang. Dann noch ein paar Blockhäuser oder Baumhäuser direkt dahinter verstecken. Das müsste doch machbar sein😉!!

Du hast vor einigen Jahren die Betreuung unserer Mini-Kicker von Albert übernommen und begleitest seitdem gemeinsam mit Martin Klein die Kids bei ihren allerersten Schritten auf dem Fußballfeld. Was gefällt Dir an dieser Aufgabe und was würdest Du als Dein größtes Talent im Umgang mit Kindern in diesem Alter bezeichnen?

Oliver Lange: Ja, die Spielerei mit den Kindern in diesem Alter macht einfach Spaß. Ihr Wissensdrang, die Begeisterungsfähigkeit - nicht immer einhergehend mit dem Fußball Spiel, nee auch Blumen und Maulwurfshügel gilt es, zu erkunden und auszugraben. Die Kids dabei zu beobachten, macht unglaublich viel Spaß. Das größte Talent, was ich hierbei mitbringe, ist einfach. Ich bin der Beste im Schnürsenkel zubinden.

Olli mit den Mini Kickern und seinen Söhnen Pascal und Kilian 2018 auf unserer Nowawiese

Was unterscheidet Concordia in den Anfangsjahren von unserem heutigen Verein?

Oliver Lange: Ja, Concordia ist gewachsen und zwar ziemlich rasant. Am Anfang war alles noch so trallala und mal sehen, wie das so wird und nun ist es doch schon eine etwas größere Nummer, die es zu stemmen gilt. Ebenso sind die Teams gewachsen und damit auch der Betreuerstab, ebenso die Verantwortung. Das, glaube ich, unterscheidet Concordia 2006 von 2022. Und jetzt gibt es sogar ein Team mit "Erwachsenen" (an die Begrifflichkeit muss ich mich erstmal gewöhnen) - auch wenn diese sich auf dem Platz nicht immer so benehmen. Womit wir bei Thema wären. Ich war damals einer der Skeptiker, ob das mit unserem Verständnis als Kinderfussballverein noch vertretbar ist und sah das Experiment „Männerteam“ eher kritisch. Mittlerweile wurde ich eines besseren belehrt.

Unser Erwachsenenteam grüßt derzeit freundlich von der Tabellenspitze der 2. Kreisklasse C. Was traust Du der Mannschaft in dieser Saison zu? Wo siehst Du die Schwächen und Stärken des Teams?

Oliver Lange: Da ich von Anfang an in jeder freien Minute zu den Spielen gegangen bin, muss ich sagen, da ist richtig was im Gange. Die Erwachsenen organisieren sich selbst, das Spiel wurde immer besser und selbst hier in der Ferne (Island) habe ich den Liveticker vom letzten Spiel gegen die Reserve von Lok Potsdam verfolgt und mich wie ein kleines Kind gefreut, dass dieses wichtige Spiel gewonnen wurde! Die Mannschaft ist gewachsen und entscheidet auch mal knappe Spiele für sich. Ich traue der Mannschaft den Aufstieg zu. Mit der notwendigen Konzentration sollte das durchaus machbar sein. Ich würde mir von der Mannschaft mehr Respekt und Disziplin gegenüber den Schiedsrichtern wünschen. Auch das kann manchmal ein Schlüssel zum Erfolg sein. Ich glaube, dass hier auch die größte Schwäche liegt. Also im Mentalen. Fußballerisch spricht der Tabellenplatz für sich. Ich glaube, die Mannschaft ist zu einer Einheit verschmolzen und ihre große Stärke liegt darin, jedes Spiel unbedingt gewinnen zu wollen. Ihre physische Kraft hilft ihr natürlich dabei. Ihre Stärke liegt für mich ganz klar in der Physis!!

DJ Fliese beim legendären Johnny-Wolga-Konzert auf der Hüpfburg auf der Nowawiese

Was machst Du eigentlich persönlich und beruflich, wenn Du nicht auf dem Fußballplatz stehst?

Oliver Lange: Wie die meisten vielleicht wissen, klebe ich „Kacheln“ auf Wände und Böden bzw. gibt es da noch den einen oder anderen „Knecht“, der dies nach meinen Anweisungen tut. Privat verreise ich gern, am liebsten mit meinen Kids! Ich höre gern und viel Musik (natürlich Vinyl) und gebe diese Musik ab und an an Gleichgesinnte weiter, indem ich in unregelmäßigem Abstand mit dem Cooolboys Soundsystem zum Tanz aufspiele.

Was hast Du Dir für die nächsten Jahre vorgenommen?

Oliver Lange: In meinem Alter sollte genau überlegt sein, was man sich vornimmt. Vielleicht mehr auf meine Gesundheit achten? Ich weiß das nicht, ich nehme mir grundsätzlich nichts vor. Es kommt wie es kommt und dann machen wir das Beste daraus!! Ehrlich, ich finde die Frage bescheuert!!

Was wünschst Du Dir von Concordia?

Oliver Lange: Was wünsche ich mir von Concordia ... Ein Vereinsheim wie es im Buche oder besser an der Säbener Strasse in München steht. Aber bitte mit riesiger Kegelbahn! Nee, Spaß beiseite, von Concordia wünsche ich mir bei den Heimspielen ne warme Knacker mit Senf (natürlich Bautzner, das einzig Brauchbare aus dieser Stadt), leckerem Schwarzbrot und ner Gewürzgurke! Natürlich Spreewälder!! Mein größter Wunsch jedoch wäre, dass der Verein nie seine Präambel und die damit verbundenen Werte über Bord wirft und für immer der Verein bleibt, der mich vor vielen Jahren mitgerissen hat und seitdem nicht mehr loslässt!!

Für Deine Lieblingssorten Senf und Gurke sorgen wir kurzfristig. Dass Concordia der Verein bleibt, den wir alle so lieben, dafür müssen wir uns gemeinsam ins Zeug legen. Vielen Dank für das Interview.