Concordia Nowawes

Im Interview (Folge 19): Marc Rabien

Marc Rabien wurde westlich von Hamburg auf dem Land geboren. Dort wuchs er auch auf und begann mit dem Fußballspielen. Als 20-Jähriger zog er nach Berlin, wo er bis zu seiner Pensionierung 2015 als Kriminalbeamter tätig war. Heute lebt er mit Frau und Hund in Potsdam West und trainiert gemeinsam mit Dirk Seidel unseren spielstarken Jahrgang 2010. Wir haben ihn ausgefragt über Beginn und Ende seiner Spielerkarriere, über Europapokal-Abende und Nächte in HSV-Bettwäsche, über umjubelte Befreiungsschläge über das Stadiondach am Millerntor, über seinen Weg zu Concordia, über die offene Stellung und beidfüßiges Training, über seine zweite Leidenschaft Segeln, über Mädchen- und Frauenteams und natürlich über seine Gedanken zu unserer Ersten.

Hallo Marc, seit wann interessierst Du Dich für Fußball? Hast Du selbst einmal gespielt?

Marc Rabien: Wie viele andere habe ich angefangen, in der Schule mit 7, 8 Jahren Fußball zu spielen und bin dann unserem örtlichen Verein TSV Lamstedt beigetreten. Trotzdem ich auch andere Sportarten nebenher ausprobiert habe (Schwimmen, Tischtennis, Tennis, Basketball), ist die Liebe zum Fußball über all die Jahre geblieben. Ich habe dann die Jugenden bis zur Herrenmannschaft durchlaufen, bis ich mit 20 Jahren nach Berlin gegangen bin. Danach habe ich in Freizeitmannschaften, hauptsächlich aber in der Halle gekickt. Seit ich an meinen Hüften operiert wurde, kann ich leider nicht mehr selber spielen.

Geprägt haben mich in meiner frühesten Jugend Spieler wie Kaltz, Rummenigge und Hrubesch, die 1980 Europameister wurden. Ich habe früher tatsächlich in HSV-Bettwäsche geschlafen. Großartig fand ich damals die noch nicht so inflationären Europapokal-Abende mit dem HSV, das tolle Tor von Felix Magath 1983 gegen Juventus Turin im Finale des Pokals der Landesmeister und die Nord-Süd-Derbys gegen Bayern.

Seit ihrem ersten Bundesligaaufstieg 1988 bin ich Sympathisant des FC St. Pauli, habe mit meinen Freunden die Zeit mit Legenden wie Zander, Golke und Ippig im Stadion erlebt. Da wurde jeder Ball, der über das Stadiondach gedroschen wurde, um zu klären, wie der Siegtreffer bejubelt. Mir hat gefallen, dass es ein kleiner Kiezverein mit viel Willen, Herz und Zusammenhalt schafft, in der Bundesliga zu bleiben.

Seit längerem gehe ich auch gerne mal zu verschiedenen Vereinen und schnuppere die Atmosphäre auf den Plätzen und in den Stadien. Es ist bei mir eher die Liebe zum Fußball, als die zu einem bestimmten Verein.

In Glasgow mit einer Kopie des Pokals der Landesmeister, den Celtic 1967 gewann

Seit wann trainierst Du Jugendteams und was reizt Dich an dieser Aufgabe?

Marc Rabien: Ich habe mein Trainerdasein erst bei Concordia im September 2016 begonnen. Zuvor fehlte mir einfach die Zeit. Mit meiner Pensionierung hat sich das geändert. Ich kann selbst nicht mehr spielen und ich dachte, ich gebe dem Fußball mal etwas von dem zurück, was er mir über all die Jahre gegeben hat. Gerade Kinder können auf dem Platz auch viel fürs Leben lernen und in spielerischem Umfeld heranreifen. Das zu begleiten, reizt mich.

Wie bist Du zu Concordia gekommen?

Marc Rabien: Tatsächlich über unsere Nachbarn. Die haben mich gefragt, ob ich Oskar mal zum Training fahren kann. Ich hatte schon einiges von Concordia aus Erzählungen gehört und der Wunsch, mich ehrenamtlich zu betätigen, war auch schon da. Ich hab mir das dann mal angeschaut, Lust bekommen und hatte Glück, dass Denny Müller gerade eine Verstärkung bei der E II brauchte.

Nach dem Jahrgang 2007 trainierst Du nun unseren Jahrgang 2010. Beide Teams zählen zu den technisch und spielerisch stärkeren Jahrgängen unseres Vereins. Worauf legst Du in der Gestaltung des Trainings besonderen Wert?

Marc Rabien: Das sind tatsächlich beides gute Jahrgänge. Die 2010er sind unter anderem auch deshalb so stark, weil viele Jungs sechs von sieben Tagen in der Woche miteinander Fußball spielen gehen und Denny und Dirk im Training gute Arbeit geleistet haben. Dirk und ich versuchen den Kids technisch das mitzugeben, was man auf dem Schulhof nicht unbedingt lernt. Beidfüßigkeit ist für mich persönlich sehr wichtig, sicheres Passspiel, Ballkontrolle im Dribbling und auch eine gute Ballannahme. Die offene Stellung hat es mir angetan, weil das die Grundlage für ein gutes Offensivspiel ist. Viele Übungen zielen darauf ab und ich bin da auch relativ streng, glaube ich - also eher der Magath als der Klopp. Freiräume erhalten die Jungs dann beim Abschlussspiel. Da können sie sich noch mal kreativ ausleben und ich quatsch dann nicht mehr so viel dazwischen.

Beim Punktspiel der 2010er als Coach an der Außenlinie

Wie siehst Du die Entwicklung der 2010er sportlich und sozial? Wo hat sich das Team verbessert? Wo ist noch Luft nach oben?

Marc Rabien: Ich begleite die Kids jetzt seit Sommer 2021. Was mir gleich aufgefallen ist, ist die wirklich engagierte und interessierte Elternschaft. Dazu kommen die gute Kommunikation und der freundschaftliche Umgang der Jungs untereinander. Manchmal ist das aber auch zu viel, dann sind die Kids beim Schnattern miteinander einfach nicht zu bremsen ... Viele der Jungs sind befreundet und treffen sich wie gesagt auch außerhalb des Trainings zum Kicken. Unsere Neuankömmlinge wurden sehr gut in das Team aufgenommen. Teilweise kannten sich die Spieler auch schon aus der Schule, so dass die Jungs sehr gut miteinander auskommen. Den guten Teamspirit sieht man dann auch auf dem Platz.

Die Kids haben sich mit zunehmendem Alter technisch weiterentwickelt und ihre körperliche Präsenz verbessert. Die Ballannahme klappt und die meisten Jungs sind sicher am Ball, da können sie sich auf ihre Kreativität und das Zusammenspiel konzentrieren. Das Aufbauspiel läuft dadurch jetzt schon ganz gut. Gegen gut verteidigende Mannschaften können wir vor dem Tor noch etwas durchschlagskräftiger werden.

Torwarttraining auf der Nowawiese
Concordias Jahrgang 2010 im Herbst 2021

Wo liegen aus Deiner Sicht die besonderen Herausforderungen für den bevorstehenden Wechsel auf das Großfeld?

Marc Rabien: Ich glaube die Jungs brennen darauf, aufs Großfeld zu kommen. Vielen reicht das Kleinfeld nicht mehr. Der Fußball wird sehr viel komplexer, erfordert mehr Spielübersicht und viel Bewegung ohne Ball. An uns ist es, alle dazu zu bringen ihre Aufgaben zu erfüllen, auch wenn sie gerade nicht den Ball haben.

Wir versuchen derzeit, mit einem möglichst großen Kader in die neue Saison zu gehen, um später nicht in personelle Probleme zu geraten. Da gilt es die, die jetzt neu dazu gekommen sind, aufzubauen und an den Spielbetrieb heranzuführen. Dazu werden wir noch einige Freundschaftsspiele bestreiten. Das braucht natürlich etwas Zeit und Aufmerksamkeit, zahlt sich aber später hoffentlich aus. Die Kids bringen schon sehr viel Spielfreude und Kreativität mit und auch läuferisch sind wir für den Anfang gut aufgestellt. Wir haben auch eine große Bandbreite an Spielertypen und mit Justus einen zweiten Torwart hinzubekommen, so dass ich mir wenig Sorgen über den Wechsel auf das Großfeld mache.

Bei den Heimspielen unseres Erwachsenenteams kann man Dich regelmäßig mit dem orangenen Ordnerleibchen antreffen. Das ist ja nicht unbedingt das beliebteste Ehrenamt in einem Fußballverein. Warum machst Du das?

Marc Rabien: Schöner wäre es, wenn es ohne Ordner gehen würde. Fußball erzeugt Emotionen und in gewissen Konstellationen schäumen die dann auch mal über. Da ist es ganz gut, wenn es neben dem Platz auch Menschen gibt, die versuchen das dann wieder einzufangen, bevor es eskaliert. Ich finde es wichtig, dass sich alle Besucher, Spieler und Schiedsrichter bei uns wohl und sicher fühlen können. Dazu möchte ich beitragen. Ich würde es begrüßen, wenn sich der Ordnerdienst auf mehrere Schultern verteilen würde – trotz des schlechten Images. Vielleicht hätte die Eine oder der Andere ja auch Lust dazu. Hauptsächlich geht es darum präsent zu sein und im Falle eines Falles zu reden.

Bei den Heimspielen unseres Erwachsenenteams sorgt Marc für Ruhe, Ordnung und Sauberkeit.

Wie beurteilst Du die sportliche Entwicklung unserer Erwachsenen in den letzten Jahren? Ist der Aufstieg in dieser Saison schon drin?

Marc Rabien: Ich finde es toll, dass wir jetzt auch ein Erwachsenenteam haben. Es ist doch erfreulich, dass sich alle Concordistas zu den Heimspielen auf der Scholle treffen können und die Kids sehen, wie viele Menschen da auch aus den unterschiedlichen Mannschaften zusammenkommen, um gemeinsam die Erwachsenen anzufeuern. Eine besondere Bedeutung kommt der Mannschaft darüber hinaus zu, weil sie einen hohen Anteil an Schutzsuchenden ins Team integrieren konnte. Das ist beispielhaft und schön zu sehen.

Das Team hat sich sportlich unheimlich gut entwickelt und das freut mich zuerst einmal für die Jungs. Im Gegensatz zu anderen Vereinen bestand das Erwachsenenteam anfangs ja fast vollständig aus Spielern, die frisch aus der A-Jugend kamen. Die Mannschaft hat da verständlicherweise zu Beginn viel Lehrgeld gezahlt. Sie hat sich aber zunehmend an den teils rauen Ton und die Härte gewöhnt und ist herangereift. Das merkt man jetzt in dieser Saison. Vereinzelt gab es zwar noch Rückfälle, jetzt kommen aber immer mehr die Stärken einer jungen Mannschaft zum Tragen, wie Schnelligkeit, Ausdauer und ein dynamisches Zusammenspiel. Was diese Saison bringt, ist schwer zu sagen. Die Hinrunde hat gezeigt, dass wir oben mitspielen können. Nun gilt es, die Leistung jeden Spieltag abzurufen und Konstanz zu zeigen. Das gelingt allerdings nur, wenn die Spieler weitgehend verletzungsfrei bleiben, alle neben ihren beruflichen und schulischen Pflichten die Zeit aufbringen können und man auch das nötige Quentchen Glück hat. Leider hat man darauf nur wenig Einfluss. Ich drücke dem Team jedenfalls ganz fest die Daumen, dass sie am Ende ganz oben stehen!

Marc nimmt sicherheitshalber schon mal Kontakt mit der Meisterschale auf.

Kann ein Verein wie Concordia die Fußballwelt ein bisschen besser machen?

Marc Rabien: Na klar! Veränderungen kann man zunächst einmal immer nur in seinem Einflussbereich erreichen, aber der ist bei Concordia gar nicht so klein. Wir haben als Concordistas Einfluss darauf, wie Kinder, Jugendliche und die Älteren den Fußball wahrnehmen und wir können ihnen vermitteln, dass Gemeinschaft, Fairness und Zusammenhalt wichtig sind und da mit gutem Beispiel vorangehen. Das färbt
dann hoffentlich auch auf Andere ab.

Welche Wünsche hast Du für die weitere Entwicklung unseres Vereins?

Marc Rabien: Concordia hat jetzt schon eine rasante Entwicklung hinter sich. Ich würde mir wünschen, dass es so weitergeht. Das Umfeld stimmt und wir haben guten Zulauf. Freuen würde mich, wenn sich weiterhin so viele Menschen und vielleicht noch ein paar mehr für den Verein engagieren und interessieren und einfach bei uns mitmachen. Dazu gibt es ja ganz unterschiedliche Möglichkeiten.

Weiterhin würde ich es toll finden, wenn es uns gelingt noch mehr Mädchen für Concordia zu begeistern. Vielleicht bekommen wir ja sogar mal eigene Mädchen- oder Frauenteams zusammen. Auch einige Funktionen im Verein könnten sehr gut Frauen übernehmen. Ich finde Laura, Ike und Lale haben da einen guten Anfang gemacht.

Was machst Du eigentlich, wenn Du nicht auf dem Fußballplatz stehst?

Marc Rabien: Ich bin beruflich ja nicht mehr aktiv und habe Zeit für ehrenamtliche Tätigkeiten. Wenn ich nicht mit Concordia beschäftigt bin, verbringe ich Zeit in einem Potsdamer Segelverein. Ich bin dort Platzwart und im erweiterten Vorstand tätig. Meine Frau und ich habe ein kleines Segelboot aus Holz, mit dem wir auch im Sommer an der einen oder anderen Regatta teilnehmen. Im Winter stehen dann Reparaturen und die Wartung des Bootes auf dem Plan.

Welche Pläne hast Du für die nächsten Jahre?

Von mir aus kann es so weitergehen, wie es momentan ist. Mit Fußball, Segeln und den jeweiligen Menschen drumherum geht' s mir gerade sehr gut. Große Pläne habe ich erst mal nicht.

Dann bedanken wir uns für die interessanten Antworten und hoffen, dass wir im Sommer auf der Sandscholle gemeinsam einiges zu feiern haben.